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... Wo die Kunst sei, soll die Wissenschaft erst hinkommen.

-- F.W.J. Schelling

 

Wie die Eukaryoten (zu denen auch der Mensch gehört) jemals ein Kapital an Energie sammelten, indem sie Bakterien umschlossen, so schleppen die Formen innerhalb Bassos Gemälden Färbung und Bildhaftigkeit hinein, bis sie in einem orgiastisch-monumentalen Bewusstseinsbios gipfeln.

Basso wird seinem Namen gerecht und malt bottom-up, so wie sich die Natur entwickelt. Seine Werke sind Körper, Rümpfe, Teiche der Organe, im Fruchtwasser schwimmend, bereit auszubrechen, sich einen Kopf zu malen und zu Bewusstsein zu kommen.

Sui generis, ohne Familie, ohne Urteil und aus einer präreflexiven Welt, durch viele Schleichwege und Gruben, meißelt der Maler sich bis zu einer Quelle von Bedeutungen. Dann wird es eine Revelation, eine Offenbarung, wenn aus dem Unbekannten das Wissen erobert ist und Bewusstsein eingedrungen ist.

Alles in dem Gemälde wirkt zu diesem Einblick in den Körper. So ein Kunstwerk kann jahrelang unterwegs sein um zu seiner Identität zu kommen. Nach vielen Umdrehungen auf dem Rad der Jahreszeiten sind einige Einsichten an sich selbst – zugunsten anderer – untergegangen, sind Figuren zwischen den Kiefern der Zeit zerkleinert, eingeengt und in größeren Einheiten niedergeschlagen.

Die Herausforderung für den Maler selbst ist sich – in der Nachahmung der Natur – eine Linse zu schleifen, mit der er aus dem Dunkeln eine Ansicht auf die Welt des Willens öffnet, auf den Prozess, der von dem Ganzen geführt wird und in dem der unschuldige Körper nur das Schlachtfeld ist, worauf die Natur sein Programm schreibt.

Da der Maler aus Tradition malt – und nicht von einem entwerfend-konzeptionellen Plan – entstehen Formbeziehungen, die sonst nie das Licht gesehen hätten. Sowie sich rudimentäre Organe noch als Überbleibsel der Evolution in dem menschlichen Körper aufhalten, so zeugen alle Formen Bassos Gemälde von ihrer Herkunft. Formteile, die ihre Funktion verloren haben, sind doch noch nachvollziehbar und liegen manchmal wie eine pochende Ader an der Oberfläche des Kunstwerks.

Dieses Kunstwerk will kein Fragment bleiben, sondern ein Spiegelbild des großen Ganzen sein. Es will einen finalen Streifen unter der Summe der einander aufrufenden Formreime ziehen, alle figurierende Hypothesen im Horizont der eigenen Endlichkeit schließen und sie für ein bedingungsloses Abschlussprinzip hinterlassen: Das Anhypotheton. Alle Materie im Kunstwerk wird an die letzte Grenze geschoben, nach dem es seine Verschlüsselung preisgegeben hat und als Symbol, Zeichen und Schrift erschienen ist. Die Materie ist Bedeutung geworden, eine lebendige Idee: "…wo die Kunst sei, soll die Wissenschaft erst hinkommen".